#EinfachMachen: Die Pille absetzen

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Sicher und rund, mit einem Haps ist sie im Mund! Fünfzehn Jahre lang hat die Pille verhütet, dass ich schwanger werde und ich habe sie brav genommen, ohne sie zu hinterfragen. Um ehrlich zu sein, würde ich sie noch heute nehmen, wenn mein Körper sich nicht plötzlich gemeldet hätte. Das war genau der “Uterus-Tritt”, den ich gebraucht hatte & der unerwartete Effekte nach sich zog.

Nach einigen Jahren schmerzhafter Periode war sich meine Familie einig: Die Pille hilft gegen Unterleibsschmerzen, lässt meine Tage regelmäßig kommen und sei eine gute Idee. Bis auf den Frauenarztbesuch hatte ich nichts dagegen, irgendwie fand ich die Vorstellung sogar ganz cool und erwachsen. Ich bekam eine Pille, die ich von nun an niemals wechselte. Die Ärztin verlangte eine Einwilligung meiner Eltern und gab mir ein Aufklärungsheft mit, auf dessen Cover Enie van de Meiklokjes mir keck ins Gesicht lachte und mich in der Verhütungscommunity willkommen hieß.

Nebenwirkungen? Welche Nebenwirkungen?

Es folgten viele unbeschwerte Jahre, in denen ich nur selten Angst hatte mal schwanger zu sein. Fleißig knabberte ich mich jeden Monat im Kreis von Montag bis Sonntag und zurück. Lediglich einmal hörte ich von einer Freundin, die neben der Pille auch noch gern rauchte und deswegen mit einer Thrombose flach lag. Kann mir ja nicht passieren.

Über das Absetzen dachte ich zum ersten Mal ernsthaft nach, als ich davon hörte, wie sich unsere Flüsse und Seen Feminisieren, dadurch, dass die Wirkstoffe der Pille (neben vielen anderen Medikamenten, die wie Antibiotika etc.) über die Toilette ins Abwasser gelangen. Das beschäftigte mich ziemlich lange, denn jetzt ging es nicht mehr nur um mich.

Die googelnde Frauenärztin mit Schwangerschaftstherapie

Langsam aber langfristig schlichen sich fiese Symptome in meinen Alltag. Infektionen Trockenheit, Schmerzen bei jeglichen freudigen Aktivitäten im Ladybusiness wurden auf einmal die Regel und meine Ärztin verschrieb mir einfach jedes Mal ein anderes Präparat. Es war einfach sehr bequem: Check, Unterschrift, Rezept – See you in 6 Monaten! Doch dann blieben die Symptome gar nicht mehr aus, meine Nerven wurden dünner und nach der dritten Creme bohrte ich bei der Ärztin nach. Es musste doch eine langfristige Lösung geben. Ihre Antwort überraschte und verstörte mich hart:

“Ja ihre Vagina ist wie bei einer alten Frau in der Menopause, ja ja. Hier googeln sie das mal, es gibt auch Pillen mit körpereigenen Hormonen. Und außerdem sind die doch schon 28 und wollen doch bestimmt bald schwanger werden. In der Schwangerschaft blühen sie dann auf! ”

Danke für nichts. Das war letzte Mal, dass ich meine alte Frauenärztin sah.

Effekte des Pille-Absetzens

Zum Glück bin ich jetzt bei einer zauberhaften Ärztin, die mir auch gleich als erstes vorschlug, sofern ich denn will, die Pille mal abzusetzen. Denn auch, wenn man sich mit ihr einen Hormoncocktail einwirft, kann es sein, dass dadurch ein Östrogenmangel bei mir entstanden ist. Zwei Wochen nach dem Absetzen waren alle Symptome verschwunden. Periode und Co. trafen auf den Tag genau ein. Ich bilde mir ein, dass meine Haare und Nägel auch besser wurden und bis heute hatte ich keine einzige Infektion. Meine Libido tanzte am Anfang Lambada und was mich vor allem komplett aus der Bahn warf: Meine Stimmung hob sich massiv. Hatte die Pille mich depri gemacht? Doch nicht alle Veränderungen des Absetzens großartig.

Negative Erfahrungen nach dem Absetzen der Pille

Was mein Körper alles kann! Während mir mein Zyklus bis auf die okaye Schmerzerei sonst nicht besonders auffiel und ich ihn auch gern mal für Urlaube etc. verschob, spürte ich jetzt wie mein Körper durch alle Phasen meines Zyklus ging. Der Cervix veränderte sich immer wieder, ich spürte meinen Eisprung ziemlich schmerzlich und fühlte manchmal kribbelnde Freude in mir aufsteigen, die ich nicht so wirklich verstand und mich selbst ein bisschen dafür feiern musste. Was vom letzteren alles Placebo ist, weiß ich nicht, aber es fühlte sich die ersten beiden Monate ziemlich gut an. Bezüglich meiner Stimmung fiel mir auf, dass ich bestimmte Gedankenspiralen nicht mehr drehte. Es gab natürlich auch nicht ganz so gute Tage, es führte aber nicht wieder zu sehr dunklen Momenten.

Die Schmerzbombe landet

pille absetzenKurz vor dem dritten Zyklus stolperte ich dann in eine kleine Überwältigung. Schmerzen im oberen Bauch, Kreislaufprobleme und drückende Eierstöcke – Ich hatte keinen Plan, was da mit mir passierte. Da es übers Wochenende passierte und ich irgendwann einfach nicht mehr konnte, ging es ins Krankenhaus. Mir wurde ein Verdacht auf Endometriose entgegen geworfen. Was es damit auf sich hat, erkläre ich euch an anderer Stelle nochmal ganz ausführlich, da laut Statistik jede 10. Frau davon betroffen ist.

 

Wichtig ist: Die Pille unterdrückt den normalen Zyklus, deswegen habe ich Jahre lang nichts davon mitbekommen. Meine eigenen Hormone fütterten dann diese Reaktion, so dass ich es jetzt erst mitbekam. Ironischerweise ist die Einnahme der Pille die fast einzige Therapiemöglichkeit bei Endometriose.

Vor- und Nachteile der Pille – Freiheit vs. Natur?

Ich halte hier jetzt keine moralische Standpauke gegen die Pille. Sie zu erfinden war revolutionär und wenn man sich ansieht, wie sehr die körpereigenen Hormone einen fertig machen können (einige Freundinnen von mir weinen mindestens einmal im Monat seitdem oder haben einen kompletten Ausfalltag wegen der Schmerzen), ist sie ein sehr emanzipatorisches Werkzeug. Ich habe in den letzten Monaten viele Diskussionen darüber geführt, wie natürlich oder unnatürlich die Einnahme der Pille ist. Habe über Menstruationsurlaub, Gleichberechtigung und meiner Verbindung zum eigenen Körper nachgedacht. Er ist ein kleines komplexes Wunderding und es ist gar nicht so leicht immer zu wissen, wie man ihn richtig behandelt.

Nach vier sehr glücklichen und schmerzhaften Monaten pendelten sich die neuen Erscheinungen allerdings ein. Das Stimmungshoch ist leider etwas gemäßigt, die Unterleibsschmerzen haben sich auch ein ganzes Stück gelegt und der Eisprung ist nur noch manchmal zu spüren. Mal sehen, was der nächste Arztbesuch sagt. Ich persönlich würde die Pille nicht mehr nehmen.

Was sind eure Erfahrungen? Überlegt ihr auch die Pille abzusetzen? Was sind eure Motive?

Das war ein Text in der Kategorie #EinfachMachen, eine Textwelt, die außerhalb meiner Komfortzone liegt. Ich freue mich, wenn ihr bei den nächsten Herausforderungen dabei seid!

Überwindungsgrad: / 5 Lifechanginglevel: / 5

Social Media Irrgärtnerin, die immer zuerst die Faxnummer anruft & eines Tages dadurch noch einmal ihr Gehör verlieren wird.

5 Comments

  1. Moin Moin!
    Ich hab vor ca 2 Jahren die Pille abgesetzt, auch auf Grund der im Abwasser landenden Hormone und der Libido wegen uns nicht zu vergessen , der Trombose wegen. Bin 42 Jahre, da meinte mein Frauenarzt, ich sollte mir das sehr gut überlegen ob ich das erhöhte Risiko eingehen möchte. ( und ich rauche nicht!)
    Nun kann ich sagen , Ich habe keine Schmerzen ( ☺), meine Libido hat sich deutlich verbessert und der übliche Schokischmacht hat sich auch wieder eingestellt. Irgendwann hat das ja dann eh ein Ende, solange werde ich es „geniessen „?

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